Kurze Wege, gutes Leben: Was verspricht die 15-Minuten-Stadt?
Shownotes
Was steckt hinter dem Konzept der 15-Minuten-Stadt? Für wen schafft die 15-Minuten-Stadt Chancen? Und welche Herausforderungen sind mit der 15-Minuten-Stadt verbunden?
In der 15. mCAST-Folge sprechen wir mit unseren Gästen über das Konzept der 15-Minuten-Stadt. Miriam Mathein von der Stadtmarketing- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Dormagen mbH erläutert aus Sicht des mFUND-Projekts CityPlanner aktuelle Herausforderungen in der Stadtentwicklung, die Rolle von Daten und die Vorteile, die 15-Minuten-Städte mit sich bringen. Doris Sibum von der urbanista GmbH diskutiert gesellschaftliche Chancen und Herausforderungen des Konzepts und räumt mit Vorurteilen auf. Wie kann die 15-Minuten-Stadt im Bestand funktionieren? Welche Konsequenzen hat die Idee für die Gesellschaft? Und unter welchen Bedingungen ist das Konzept tatsächlich umsetzbar?
Unsere Gäste sind sich einig: Die 15-Minuten-Stadt kann Lebensqualität erhöhen, ist aber nicht überall gleich gut umsetzbar.
Zu Gast im Podcast
Miriam Mathein ist Projektmanagerin in der Abteilung Smart Industrial City der Stadtmarketing- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Dormagen. Dort leitet sie das mFUND-Projekt CityPlanner, in dem sie untersucht, wie Verkehrs- und Umweltdaten die integrierte Stadtentwicklung bereichern können. Sie hat Architektur an der RWTH Aachen mit dem Schwerpunkt auf Stadtentwicklung studiert und in ihrer Masterarbeit den Beitrag von Straßenexperimenten zur Mobilitätswende beleuchtet.
Die Zukunftsforscherin Doris Sibum ist auf Urban Foresight und die Zukunft der Arbeit spezialisiert. Seit Juli 2022 ist sie als Partnerin bei Urbanista an Bord. Vorher unterstützte sie mit ihrem eigenen Büro „Futur A“ verschiedene Akteure dabei, Zukünfte zu entdecken, zu entwerfen und zu erreichen. Doris Sibum ist Mitgründerin der Urban Change Academy und engagiert sich unter anderem als Gesellschafterin des IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gGmbH in Berlin.
Weiterführende Informationen
Transkript anzeigen
00:00:00: Mcast, der Innovations-Podcast. Wie wir morgen unterwegs sind.
00:00:09: Hallo und herzlich willkommen bei Mcast. Aus unserem Kölner Studio schauen wir heute
00:00:18: zunächst mal nach Paris. Paris will grüner werden und zwar mit voller Kraft voraus.
00:00:27: In einer Abstimmung haben die Bürgerinnen und Bürger der Stadt entschieden, dass 500 Straßen
00:00:32: autofrei werden sollen. Ist das auch eine Option für Deutschland? Deutschlandfungnova berichtet
00:00:39: dazu. In Deutschland wäre so etwas gar nicht so einfach, da bräuchte es ein Entwittmungsverfahren.
00:00:46: Für Paris schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung jedenfalls. Ihr im Traum von einer
00:00:52: verkehrsberichtenden Gartenstadt Paris ist Bürgermeisterin Anne-Idaille Gault einen Schritt
00:00:58: näher gerückt. Der Spiegel kommentiert, die Wahlbeteiligung war gering, aber das Ergebnis ist
00:01:03: klar, Paris soll grüner werden. Klar ist jedenfalls, Paris, da passiert grad viel. Neben autofreien
00:01:10: Straßen werden Radwege und der ÖPNV ausgebaut. Es gibt mehr Grünflächen und all das zahlt
00:01:17: letztlich auf das Konzept der 15 Minuten statt ein. Aber was steckt eigentlich dahinter?
00:01:24: Die Idee ist, dass alle wichtigen sozialen Funktionen, also Wohnen, Arbeiten, Versorgung,
00:01:33: Gesundheit, Bildung und Freizeit innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad
00:01:41: erreichbar sind. In manchen deutschen Städten ist das vielleicht schon Realität, aber
00:01:46: funktioniert das Konzept denn auch überall? Geht das nicht auf Kosten von Parks und Grünflächen
00:01:53: und welche Herausforderung bringt es eigentlich noch mit sich? Genau das besprechen wir heute.
00:01:59: Kurze Wege, gutes Leben, was verspricht die 15 Minuten statt? Das ist unser Thema. Ich
00:02:05: freue mich sehr auf unsere Gäste Miriam Mataen von der Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung
00:02:10: Dormagen. Sprich darüber, wie Daten als Grundlage für ein solches Konzept genutzt werden können.
00:02:17: Später wird sich dann Doris Siebum dazuschalten. Sie ist Zukunftsforscherin im Bereich Stadtentwicklung
00:02:23: und wird die gesellschaftlichen Auswirkungen erklären. Mein Name ist Felix Schneider und
00:02:28: heute ausnahmsweise ohne meine Kollegin Johanna Drumann im Studio. Viel Spaß bei der Folge.
00:02:33: Miriam Mataen ist Projektmanagerin in der Abteilung Smart Industrial City der Stadtmarketing
00:02:47: und Wirtschaftsförderung Gesellschaft Dormagen und leitet dort das Mfernprojekt City Planner.
00:02:53: Sie hat Architektur an der RWTH Aachen mit dem Schwerpunkt auf Stadtentwicklung studiert und
00:02:59: besonders den Beitrag von Straßenexperimenten zur Mobilitätswende beleuchtet. Frau Mataen,
00:03:04: schön, dass Sie da sind. Hallo, danke für die Einladung. Frau Mataen, in Paris werden jetzt 500
00:03:10: Straßenautofrei. Ist das auch das Ziel für Dormagen? Ich denke, für Dormagen ist noch nicht
00:03:16: so weit. Wir befinden uns natürlich auch auf dem Weg zur Mobilitätswende. Da fangen ja bei
00:03:21: erst mal im Kleinen an mit kurzfristigen Maßnahmen, sei es die Verbesserung der Radinfrastruktur,
00:03:26: der Fußwege, aber ich denke, das ist ein weiter Weg und Paris geht dann natürlich sehr stark voran
00:03:32: in großen Schritten. Aber ich denke, eine solche große Transformation wie die Mobilitätswende,
00:03:37: die muss man eben Schritt für Schritt gestalten, dabei auch die Menschen mitnehmen und das ist
00:03:42: eine kleine Stadt wie Dormagen eben nicht so ausgestattet wie so eine Mitrepfohle wie Paris.
00:03:46: Sie bringen das Stichwort Mobilitätswende ein. Welche Ziele gibt es denn in der Mobilitätswende,
00:03:53: spezifisch in Dormagen, aber auch aktuell in Deutschland im Allgemeinen bezogen auf Städte?
00:03:58: Letztes Jahr wurde in Dormagen ein Mobilitätskonzept erstellt, ein neues Mobilitätskonzept und da
00:04:05: ging es eben darum, welche kurzfristigen Maßnahmen könnte man umsetzen. Da stand vor allem die
00:04:09: Förderung der Rad- und Fußinfrastruktur im Vordergrund. Das wäre eine kurzfristige
00:04:15: Maßnahme oder in der nahen Zukunft und langfristig gesehen wollen wir eben aber auch den
00:04:20: IPNV-Ausbau, die E-Mobilität fördern. Aber eine solche Transformation, die braucht natürlich
00:04:26: viel Platz vor allem, aber auch viel Zeit. Die muss man eben Schritt für Schritt angehen,
00:04:31: denn letztendlich ist es eine Flächenfrage, Flächen müssen neu verteilt werden und da befinden
00:04:37: wir uns jetzt an den Anfängen. Also die letzten Jahre wurden erste Fahrradstraßen geschaffen,
00:04:42: die Radinfrastruktur wurde ausgebaut. Es werden neue Fahrradabstellanlagen geschaffen und das
00:04:47: ist so der erste Schritt, den wir unternommen haben.
00:04:49: Sie hatten angesprochen, dass die Mobilitätswende sich insbesondere darauf bezieht, Rad- und
00:04:55: Fußinfrastruktur auszubauen. Ist es ein spezifisches Ziel in Dormagen oder kann man das deutschlandweit
00:05:01: für Städte und Kommunen beobachten?
00:05:03: Ich denke, das ist ein bundesweiter Trend, dass Rad- und Fußwege ausgebaut werden müssen.
00:05:08: Das beobachten wir nicht nur in Dormagen und da sehe ich vor allem den Sicherheitsaspekt,
00:05:13: dass wir mehr Radwege ausbauen müssen, vor allem separat von dem motorisierten Verkehr
00:05:19: und das würde dann eben die Radinfrastruktur fördern, aber wir brauchen da auch mehr Radabstellanlagen.
00:05:25: Das ist zum Beispiel eine der Maßnahmen, die wir in Dormagen angehen wollen.
00:05:28: Wir sind jetzt viel auf die Mobilitätswende eingegangen. Thema unserer heutigen Folge ist
00:05:36: die 15 Minuten statt. Format dann können Sie einmal erklären, was mit 15 Minuten statt
00:05:40: eigentlich genau gemeint ist?
00:05:43: Das Prinzip sagt, dass man innerhalb von 15 Minuten per Fuß Fahrrad oder ÖPNV alle
00:05:50: lebenswichtigen Nutzungen erreichen kann, sei es der Supermarkt, sei es der Arztbesuch
00:05:55: und er ist halt eben zum Ziel, dass dadurch der MEV, also der motorisierte Individualverkehr
00:05:59: reduziert werden kann und somit dann eben auch die Luftqualität verbessert werden kann,
00:06:04: aber eben auch die Lebensqualität.
00:06:06: Können Sie die beiden Begriffe einmal voneinander abgrenzen?
00:06:09: In meiner Meinung nach hat die Mobilitätswende ganz viele verschiedene Ebenen. Das ist
00:06:13: natürlich einmal die Infrastruktur, die verbessert werden muss. Das ist aber eben auch eine soziale
00:06:18: Frage. Also wie bringen wir die Menschen dazu, nachhaltige, sufficente Mobilitätsangebote
00:06:24: wahrzunehmen? Und das Prinzip der 15 Minuten statt, das kann man natürlich verkehrsplanerisch
00:06:28: lösen, aber ich denke auch, da braucht es städtebauliche Maßnahmen, um dieses Konzept
00:06:32: zu fördern. Da geht es vor allem um einen Nutzungsmix, das wir eben verschiedene Nutzungen
00:06:38: in der Nähe haben in Wohnenquartieren.
00:06:40: Und welche Probleme konkret soll die 15 Minuten statt denn lösen?
00:06:45: Aus meiner Sicht ist das die Erreichbarkeit, dass eben alle lebensnudwendigen Nutzungen
00:06:50: in sich in Wohnungsnähe befinden. Das ist aber auch die Stärkung der Zentren, also
00:06:55: sei es Quartierszentren oder der Stadtmitte und das ist eben auch die Reduzierung des
00:07:00: MEVs.
00:07:01: Motorisierten Individualverkehrs?
00:07:03: Genau, richtig.
00:07:04: Und welche Maßnahmen sind konkret notwendig, um zu diesem Konzept der 15 Minuten statt
00:07:10: zu gelangen?
00:07:11: Ich denke, wenn man sich einmal die Ebene der Infrastruktur anguckt, ist das natürlich
00:07:16: die Förderung des Rad- und Fußverkehrs und des ÖPNVs. Wenn man sich die Ebene anschaut
00:07:22: der Nutzungen, was wie ich eben meinte ein städtebauliches Thema ist, dann gibt es da
00:07:27: den Bedarf eben diesen Nutzungsmix stärker zu fördern, sowohl im Bestand als auch im
00:07:32: Neubau.
00:07:33: Wie ein Überblick darüber, wie weit deutsche Städte schon sind bezüglich der Umsetzung
00:07:37: der 15 Minuten statt. Gibt es so Vorreiterstädte in Deutschland?
00:07:41: Also das Prinzip der 15 Minuten statt, das wird schon seit Jahren gefördert im Städtebau,
00:07:47: insbesondere im Neubau. Ich glaube, im Bestand sind wir dann noch nicht so weit, obwohl es
00:07:51: da schon erste Ansätze gibt, wie zum Beispiel auch in Berlin die Kiezblocks, dass man dort
00:07:56: eben den motorisierten Individualverkehr unterbindelt, um eben den Fußverkehr und Radverkehr zu
00:08:02: fördern. Das ist ja etwas, was das auch in Städten wie Barcelona gibt, dass man erst
00:08:06: einmal den Verkehr beruhigt und damit eben mehr Nutzungen auch zu Fuß erreichbar sind.
00:08:12: Aber ich glaube, dass da noch Luft nach oben ist, dass wir in vielen Städten das noch
00:08:17: stärker fördern können, obwohl das glaube ich auch ein Prozess ist, der gerade im Bestand
00:08:21: eben viele Jahre brauchen wird.
00:08:23: In Transformationen im Bestand ist nie ein leichtes Spiel und das braucht immer viel Zeit, aber
00:08:29: ich denke, viele Städte haben sich dieses Prinzip vorgenommen, obwohl es da natürlich
00:08:33: auch kritische Stimmen gibt.
00:08:35: Transformation im Bestand, wie kann man sich das denn konkret vorstellen, abreißen und
00:08:39: neu bauen, oder?
00:08:40: Das wollen wir auf jeden Fall nicht. Also in der Architektur gibt es gerade auch eine
00:08:44: große Wende oder Bewegung, die sich quasi gegen den Abriss ausspricht, da mit Abriss
00:08:50: natürlich auch viel Müll verbunden ist, viel CO2, der im Beton gebunden ist und da geht
00:08:54: es natürlich viel um Umnutzung vom Bestand, um Aufwertung vom Bestand und dabei müssen
00:09:00: wir dann zum Beispiel überlegen, wie kann man bestehende Gebäude umnutzen.
00:09:03: Da gibt es auch schon viele Konzepte, wo glaube ich auch Städte wie Berlin Vorreiter sind.
00:09:08: Wie helfen Daten oder Datenvernetzung uns dabei zu diesem Konzept zu gelangen oder Umnutzung
00:09:14: anzustoßen?
00:09:15: Also ich denke, dass zum Beispiel die urbanen Datenanalyse dabei hilft, Erreichbarkeiten
00:09:22: zum Beispiel festzustellen, also welche Nutzungen befinden sich in einem Radius von 15 Minuten
00:09:27: zu Fuß per Rad, ÖPNV, welche Quartiere sind gut angebunden, welche eher weniger, der helfen
00:09:33: zum Beispiel GISS-Untersuchungen, also GISS-Analysen, die eher geodatenbasiert sind, das kann man
00:09:40: damit machen.
00:09:41: GISS bedeutet Geoinformationssystem, das ist quasi ein Tool mit dem Stadtplanerinnen
00:09:45: und Stadtplaner arbeiten, das ist eine kartenbasierte Darstellung von Daten, die einen Geo Bezug haben.
00:09:51: Ich denke, das ist eine Ebene an Daten, die dabei helfen, eben Erreichbarkeiten auch
00:09:57: zu betrachten und dann, wo man wir uns vor allem auseinandersetzen bei der Stadtmarketing-
00:10:01: und Wirtschaftsförderung, sind Sensor-Daten.
00:10:04: Damit können wir Echtzeitlagen abbilden, wie eben Verkehr, aber auch Luftqualität und
00:10:09: ich denke, dass uns diese Daten auch dabei helfen können, das 15 Minuten Konzept zu
00:10:13: fördern.
00:10:14: Daten und Datenvernetzung ist ja auch ein grundlegender Bestandteil ihres M-Fahrenprojekts, Cityplaner.
00:10:21: Können Sie einmal erläutern, worum es in den Projekt Cityplaner geht?
00:10:25: In dem Projekt bauen wir aktuell einen Sensor-Messnetz in der ganzen Stadt auf, über dieses Messnetz
00:10:30: können wir Umwelt- und Verkehrsdaten erheben und diese Daten, die werden auf der urbanen
00:10:35: Datenplattform der Stadt visualisiert, also anwendungsorientiert und können dort von
00:10:40: unseren Stakeholders eingesehen werden, also das sind alle Planungsämter.
00:10:44: Und jetzt endlich bilden diese Daten auf der urbanen Datenplattform eine Entscheidungsgrundlage
00:10:51: und Planungsgrundlage für städtische Maßnahmen.
00:10:53: Und welches konkrete Problem wird damit in Dormagen gelöst?
00:10:57: Bislang hatten wir das Problem, wie wahrscheinlich viele andere Städte bundesweit auch, dass
00:11:02: wir kaum Daten hatten.
00:11:03: Also wir, es fanden vielleicht einmal jährlich eine Verkehrszielungsstadt oder man hatte punktuell
00:11:08: Daten zur Temperatur, aber das Sensor-Messnetz, das hilft wirklich dabei, aktuelle Dynamiken
00:11:14: zu untersuchen.
00:11:15: Also wir können zum Beispiel zeitliche Vergleiche dadurch anstreben, zum Beispiel, wie sind
00:11:20: die Pendlerzeiten am Morgen im Vergleich zum Abend, welche Stadtteile sind besonders stark
00:11:24: frequentiert.
00:11:25: Wir können aber auch Orte miteinander vergleichen, zum Beispiel wo heizt sich besonders stark
00:11:30: auf und das hilft uns dann eben Handlungsbedarf festzustellen, also wo müssen wir planerische
00:11:36: Maßnahmen unternehmen und das hilft uns dann auch städtische Maßnahmen zu evaluieren.
00:11:41: Frau Matern, abschließend möchte ich Ihnen noch einige kurze Fragen stellen, bei denen
00:11:46: ich Sie bitte in maximal ein bis zwei Sätzen zu antworten.
00:11:51: Wann wird die 15 Minuten Stadt-Realtät sein?
00:11:53: Ich denke, das wird noch einige Jahre, Jahrzehnte dauern, denn die Planung, die wir jetzt vornehmen,
00:11:59: die wird sich erst in ein paar Jahrzehnten auswirken oder zeigen und ich denke, da das
00:12:04: ein städtebauliches Thema ist, braucht das ganz schön viel Zeit noch.
00:12:07: Was sind die drei größten Herausforderungen?
00:12:09: Die drei größten Herausforderungen sind meiner Meinung nach die Mobilitätswende, die Klimaanpassung,
00:12:15: aber vor allem die Kommunikation mit der Politik und den Bürgerinnen und Bürgern, da ist
00:12:19: letztendlich eine soziale Folge ist.
00:12:21: Was sind die nächsten Schritte?
00:12:23: Ich denke, wir können die Umsetzung dieses Prinzips vorbereiten, indem wir eben die
00:12:27: urbaner Datenanalyse betreiben, schauen wo müssen wir das Prinzip fördern, wo gibt es
00:12:33: Handlungsbedarf und das wäre für mich der nächste Schritt.
00:12:36: Frau Matern, ich bedanke mich vielmals für das Gespräch.
00:12:39: Ich danke auch.
00:12:40: Wer sich gerade gefragt hatte, was das für Geräusche im Hintergrund waren, hier seien
00:12:44: sich gerade die Fensterputzer vom Hochhaustag ab.
00:12:47: Ich würde das zu entschuldigen.
00:12:49: Von der kommunalen und technischen Perspektive kommen wir nun zu der gesamtgesellschaftlichen
00:12:55: Perspektive mit Doris Siebum.
00:12:58: Die Zukunftsforscherin Doris Siebum ist auf Urban Forsight und die Zukunft der Arbeit
00:13:12: spezialisiert.
00:13:13: Seit Juli 2022 ist sie als Partnerin bei Urbanista an Bord.
00:13:19: Davor war sie mit ihrem Büro Futur A selbstständig.
00:13:23: Doris Siebum ist Mitbegründerin der Urban Change Academy und engagiert sich unter anderem
00:13:29: als Gesellschafterin des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung in Berlin.
00:13:35: Hallo Frau Siebum.
00:13:36: Hallo Susanne.
00:13:37: Frau Siebum, was ist die 15 Minuten Stadt?
00:13:41: 15 Minuten Stadt heißt, dass alle wichtigen Dinge des alltäglichen Lebens innerhalb von
00:13:49: 15 Minuten per Rad oder zu Fuß mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden.
00:13:55: Das heißt, wir reden von kurzen Wegen hin zu Ärztinnen und Ärzten, zum Einkaufen,
00:14:00: zur Schule, zum Kindergarten usw.
00:14:03: Die 15 Minuten sind da wirklich das Entscheidende, dass man schnell vom Wohnen zur Arbeit, vom
00:14:08: Wohnen, zu allen möglichen Einrichtungen kommt, die eben lebenswichtig sind.
00:14:13: Woher kommt denn dieses Konzept der 15 Minuten Stadt?
00:14:16: Ja, es ist, sagt man, zurückzuführen auf jemanden, der in Paris angefangen hat, die Stadt anders
00:14:24: zu planen, eben genau mit dem Anspruch, alles schneller erreichbar zu machen und das eben
00:14:29: unter Nutzung des Umweltverbundes und des Grades, um die Stadt damit attraktiver zu
00:14:34: machen für Menschen, die dort leben, um zu sagen, sie müssen nicht so viel Zeit verbringen,
00:14:40: um ihre täglichen Wege zurückzulegen und sie können das auch machen, ohne dass sie ein
00:14:46: Auto benutzen.
00:14:47: Das war ja auch der wichtige Hintergrund dafür, sondern das soll eine Erreichbarkeit von
00:14:52: allen lebenslutwendigen Dingen eben auch für Menschen erreichen, die mit Rad zu Fuß
00:14:57: oder eben mit dem öffentlichen Verkehr unterwegs sind.
00:15:00: Wir haben im Intro schon angedeutet, dass die Stadt Paris schon einige Meter weitergekommen
00:15:06: ist, auf dem Weg zur 15 Minuten Stadt.
00:15:08: Gerade in den letzten Tagen kann man eine Umfrage raus, dass 500 Straßen in Paris autofrei
00:15:14: werden sollen.
00:15:15: Also Paris geht vorwärts.
00:15:18: Ist das Konzept der 15 Minuten Stadt denn auch ein Ziel, was viele deutsche Städte und
00:15:22: Kommunen haben?
00:15:23: Ja, also Sie haben recht, Paris geht da voran.
00:15:27: Paris ist eine Stadt, die da wirklich auch Maßstäbe setzt.
00:15:30: Mein Kenntnisstand nach ist es so, dass mittlerweile in Paris 90 Prozent aller Einwohnerinnen und
00:15:35: Einwohner tatsächlich die 15 Minuten realisieren können.
00:15:38: Das ist schon sensationell gut, aber auch in Deutschland gibt es Städte.
00:15:41: Selbstverständlich ist das ein Konzept, das erst mal für Großstädte relevant ist.
00:15:45: Also, hauptsächlich ist es ein Konzept, das für Großstädte relevant ist.
00:15:46: Berlin, München sind da Städte, die auch Köln, die da auf dem Weg sind und viel umbauen,
00:15:53: aber es sind auch sogenannte Mittelstädte. Also soweit ich weiß, ist Göttingen auch ganz weit
00:15:58: vorne zum Beispiel. Also für Deutschland ist das ein hochrelevantes Konzept. Klar, viele Städte
00:16:04: arbeiten da dran, aber die Herausforderungen sind natürlich auch groß. Wir können ja nicht die
00:16:07: ganze Stadt, wie sie bisher gebaut ist, einfach abreißen und neu planen, sondern wir müssen ja mit
00:16:12: dem Bestand leben und gucken, wie wir das im Bestand auch realisieren können. Frau Mattern
00:16:17: hat ja angesprochen, dass das Konzept der 15 Minuten Stadt gerade bei Neuplanung heutzutage
00:16:22: schon häufig berücksichtigt wird. Die besondere Herausforderung steht ja, aber wie sie gerade
00:16:26: schon angesprochen hatten, bei den Bestandsgebäuden, bei der Bestandsbebauung, was ist denn notwendig,
00:16:32: um aus Innenstädten oder der Peripherie 15 Minuten Städte zu machen? Ja, wie gesagt, wenn man Neu
00:16:40: plant, also in Wien zum Beispiel entsteht mit dem Stadtteil Aspern, gerade ein sehr intelligent
00:16:47: aufgesetztes Neustadtviertel, was natürlich vom Reißbrett schon so geplant ist, dass es die 15
00:16:54: Minuten Stadt sogar noch toppt. Also ich glaube, da sind eher 10 Minuten her Standard. In gewachsenen
00:17:00: Strukturen muss man natürlich schauen, was man da machen kann, wenn sie eine Einfamilienhaus-Siedlung
00:17:05: haben oder an Rande der Vorstadt sind. Ist das extrem schwer, natürlich zu gucken, wie schafft
00:17:11: man das da dann auch Ärzte und Ärztinnen anzusiedeln, die Versorgung anders zu organisieren? Also klar ist
00:17:17: das nicht für alle Bereiche oder für die ländliche Region sofort schnell mal umsetzbar. Und wie gesagt,
00:17:23: wenn man in den Innenstädten zum Beispiel Leerstand hat, da auch anders mit umzugehen,
00:17:28: muss man sagen, so muss jetzt unbedingt, wenn wir das Konzept der Kaufhausketten gewohnt sind und
00:17:35: natürlich wünschen, dass man eine gute Versorgung in der Innenstadt hat, kann man das ja auch anders
00:17:40: machen als gerade mit einem weiteren Kaufhaus zu erledigen. Man kann ja auch überlegen, ob man
00:17:44: dort Ärzte, Kindergärten, Büros und so weiter unterbringt und auch in solchen zentralen Mehr-Nutzungsmischungen
00:17:50: instellt. Also was Sie ansprechen ist, Wege verkürzen, Fahrradwege, ÖPNV ausbauen, gemischte Nutzungen
00:17:59: ermöglichen. Wie sieht es denn aus mit der Bevölkerungsdichte? Sie hatten gerade ein Familienhäuser
00:18:04: angesprochen. Ist das nicht ein großes Problem, wenn man sich die 15 Minuten statt anschaut, dass
00:18:09: eine notwendige Bevölkerungsdichte da sein muss, um überhaupt diesen Zeitrahmen einhalten zu können?
00:18:14: Ja, eine gewisse Dichte muss natürlich sein. Also eine 15 Minuten statt zu realisieren,
00:18:20: deswegen heißt das ja auch statt. In der dörflichen Struktur, das wird natürlich ausgesprochen
00:18:25: schwierig. Es muss schon eine gewisse Dichte vorherrschen, aber Dichte heißt ja nicht,
00:18:31: dass es unbedingt unattraktiv sein muss. Also wir können zum Beispiel auf dieses Superblock-Konzept,
00:18:37: was ja auch in vieler Munde ist, mal schauen, was sich in Barcelona durchgesetzt hat, aber mittlerweile
00:18:42: auch in deutschen Städten durchaus relevant ist, also Leipzig und andere machen sich da auf den
00:18:47: Weg. Wo es ja darum geht, zu sagen, wie kann man so ein bisschen Verkehr aus den bestehenden
00:18:51: Strukturen rausnehmen, also Autoverkehr rausnehmen, um die Quartiere auch wieder lebenswerter zu machen.
00:18:57: Und das ist sicherlich auch ein Effekt, den man mit der 15 Minuten statt auf jeden Fall nicht
00:19:02: unterschätzen darf. Es geht ja nicht nur darum zu sagen, wie komme ich schnell von A nach B,
00:19:06: sondern es macht die Städte auch lebenswerter und das macht auch einen anderen Umgang mit
00:19:10: Dichte einfach möglich. Ob ich jetzt an einer Hauptverkehrstraße wohne und es ist laut,
00:19:14: es ist emissionsbelastet, dann ist das vielleicht sogar schnell zu erreichen, aber nicht unbedingt
00:19:22: lebenswerte Gegend. Und die 15 Minuten statt impliziert auch eine lebenswerte Gegend, weil man
00:19:28: eben Parkplätze zurückbaut, die Flächen ein bisschen grüner macht, die Aufenthaltsqualität
00:19:34: auf jeden Fall erhöht und das ist auf jeden Fall auch etwas positiv, der 15 Minuten statt anzurechnen.
00:19:40: Sie haben angesprochen, dass die 15 Minuten statt zum Ziel hat, die Stadt lebenswerter zu machen.
00:19:45: Welche anderen Vorteile hat in die 15 Minuten statt noch?
00:19:48: Ja, also 15 Minuten statt kommt vor allem diejenigen zugute, die viele Wege zurücklegen
00:19:54: müssen und dies möglichst unkompliziert. Also wenn man morgens sich ins Auto setzt,
00:20:00: fährt eine halbe Stunde zur Arbeit, ist da acht Stunden, fährt wieder zurück. Da hat man zwei
00:20:05: relevante Wege am Tag, die auch wenn man auf dem Stau steht und das ärgerlich ist und länger als
00:20:10: eine Stunde dauert, aber die 15 Minuten statt zählt vor allem auch darauf ab für Menschen,
00:20:15: die häufiger Wege zurücklegen. Das sind oft Frauen, also diejenigen, die die Versorgungs- oder
00:20:20: Vorsorgearbeit, Kehrarbeit machen, die Sorgearbeit und das sind Wege von zu Hause erst mal ein Kind
00:20:27: in die Schule, Kind in den Kindergarten bringen, Einkaufen gehen und so weiter und so fort,
00:20:32: vielleicht auch noch ein Arzttermin, also wo die Menschen darauf angewiesen sind, um ihren Tag
00:20:37: nicht ständig unterwegs zu verbringen, tatsächlich auch kurze Wege zu haben. Und diese 15 Minuten statt
00:20:44: ist deswegen besonders profitabel, besonders positiv für ältere Menschen, für junge Menschen,
00:20:50: für Kinder, für Menschen, die ohne Auto unterwegs sind und in erster Linie eben auch für Frauen.
00:20:55: Wir haben jetzt darüber gesprochen, für wen die 15 Minuten statt positiv ist,
00:20:59: für wen ist die 15 Minuten statt denn nicht so positiv?
00:21:02: Ja, im Grunde genommen zeigen wir auch Studien, dass die Menschen sehr zufrieden sind dann auch mit der
00:21:09: 15 Minuten statt. Es gibt natürlich Leute, die sich trotzdem beschweren und die vielleicht
00:21:15: auch potenziell zu verlieren gehören könnten. Auch das wird zum Teil schon wieder gelegt,
00:21:20: also bei Verkehrsversuchen zum Beispiel, sind es oft die Einzelhandelshändler, die dann sagen,
00:21:25: na, ob hier dann noch ein Auto hält und bei mir einkaufen kommt. Es hat sich allerdings auch
00:21:29: gezeigt, dass die Sorgen der Einzelhändler ausgesprochen ungerechtfertigt sind, sondern im
00:21:34: Gegenteil die Laufkundschaft sich sogar auch erhöht. Potenziell ist es natürlich so, dass die am Rande
00:21:39: der Vorstadt oder in der Vorstadt liegenden Discounter vielleicht Nachteile haben, dadurch, dass die
00:21:47: Leute sich mehr in ihrem Quartier versorgen und unterschiedliche Geschäfte frequentieren,
00:21:51: aber auch das ist wissenschaftlich alles andere als nachgewiesen. Also ich glaube, es gibt sehr
00:21:56: viele Vorbehalte, wo man sagen kann, die kann man durch eine gute Kommunikation eigentlich auch
00:22:03: auf jeden Fall auflösen. Sie hatten angesprochen, dass es auch darum geht, den motorisierten
00:22:08: Individualverkehr einzudämmen. Jetzt sind wir in Deutschland, Autoland. Sie hatten schon angesprochen,
00:22:14: dass womöglich Einzelhändler befürchten, wirtschaftliche Einbußen hinnehmen zu müssen. Wie
00:22:19: sieht das denn die Automobilindustrie? Ja, also grundsätzlich müssen wir sagen, wenn wir sagen,
00:22:28: der Automobilverkehr soll reduziert werden, dann ist das ja eine Aussage, die einen anderen
00:22:34: Hintergrund hat, nämlich die, dass wir in Zukunft umweltfreundlicher unterwegs sein müssen,
00:22:40: Emissionen einsparen müssen. Also Klimaschutz ist ja ein wichtiges Ziel und wir können ja nicht
00:22:45: Autofahren um das Autofahren selbst willen. Das macht Spaß. Ich fasse aber auch ganz gern Autoren.
00:22:50: Manchen Stellen hat das ja auch seine Berechtigung und ist auch wirklich das zu präferierende
00:22:55: Verkehrsmittel. Wenn ich jedoch in einer gut vernetzten Stadt lebe, brauche ich das Auto nicht.
00:23:01: Und es gibt auch eine ganze Reihe von Menschen, das dürfen wir auch nicht vergessen, die haben
00:23:06: heute schon kein Auto. Und es gibt auch Menschen, die würden gerne ihr Auto abschaffen. Wir hören
00:23:11: allerdings sehr oft die Stimmen derjenigen, die das Auto favorisieren und selbstverständlich dann
00:23:18: auch von der Automobilindustrie. Aber wir können nicht immer sagen, wir können eine bestimmte,
00:23:24: sinnvolle Stadtstruktur nicht machen, weil es Leute gibt, die davon industriell abhängig sind,
00:23:30: Autos zu verkaufen. Die können ja auch andere Dinge machen. Die können auch mobile bauen,
00:23:36: die als Shuttles fungieren, die mit E-Mobilität auch andere Akzente setzen in so einer Stadt.
00:23:43: Wir hatten vorhin ja schon darüber gesprochen, dass eine bestimmte Bevölkerungstichte notwendig
00:23:48: ist für die 15 Minuten Stadt. Ist es dann eine Vision, die tatsächlich für so eine urbane Bubble
00:23:54: gedacht ist oder ist es auch relevant für die Landbevölkerung oder mittelgroße Gemeinden
00:24:00: in Deutschland? Das ist eine sehr gute Frage, die sich stellen, weil manchmal schon, wenn man 15
00:24:06: Minuten Stadt sagt, bei Menschen das auslöst, man dürfe sich über einen gewissen Radius gar nicht
00:24:11: mehr bewegen. Das ist selbstverständlich nicht Punkt der 15 Minuten Stadt, dass alles innerhalb
00:24:18: von 15 Minuten erledigt werden muss. Selbstverständlich kann man diesen Kreis verlassen und muss das
00:24:26: auch weiterhin tun, wenn man sagen, eine 15 Minuten Stadt bietet, die Möglichkeit dort zu arbeiten,
00:24:32: zu wohnen, sich zu versorgen, ist natürlich nicht geplant, dass es jedes Quartier eine Oper bekommt
00:24:38: oder eine Volkshochschule oder was auch immer gerade da noch wichtig ist. Also man wird immer
00:24:44: auch weitere Wege zurücklegen. Es geht hier einfach um die alltäglichen Wege, die wir alle nicht
00:24:49: wahnsinnig gerne machen, aber die unglaubliche Zeitfresser für uns sind und das ist der Gedanke
00:24:55: dahinter. Selbstverständlich gehen wir zur Universität oder zu kulturellen Veranstaltungen
00:25:01: auch außerhalb dieses Quartiers. Also von Abgeschiedenheit und Eingeschlossenheit kann überhaupt
00:25:05: nicht die Rede sein. Und auch richtig, dass sie darauf hinweisen, für ländliche Regionen ist es
00:25:13: nicht, kann es nicht eine realistische Ambition sein, wenn ich irgendwo als ich selbst wohne hier
00:25:18: am Rande des Bergischen Landes innerhalb von 15 Minuten mit dem öffentlichen Nahverkehr werde ich
00:25:24: nicht allzu viel erreichen können. Es ist ein ganz anderes Lebenskonzept, ob ich sage, ich wohne auf
00:25:29: dem Land oder ich wohne eher städtisch oder städtisch angebunden zumindest. Wir hatten schon darüber
00:25:35: gesprochen, dass gerade für Neubauvorhaben die 15 Minuten Stadt und Konzept ist, was sich von
00:25:40: vornherein mitdenken lässt. Für bestehende Bebauung ist es denn überhaupt umsetzbar oder sind die
00:25:48: Konzepte so kompliziert und es ist so ein überbordender Aufwand, das umzusetzen, dass es überhaupt
00:25:55: nicht realistisch ist. Wie schätzen Sie das ein? Also man kann in der Regel mehr umsetzen,
00:26:02: als man meint. Es geht vielleicht so gegen unsere Gewohnheiten des Denkens und des Planens, aber
00:26:10: man sieht ja zum Beispiel auch an der Stadt Hamburg, die in den letzten Jahren ganz massiv in den
00:26:15: ÖPNV und in das Radwegenetz investiert hat und es dort halt auch im Bestand geschafft hat in
00:26:22: der Stadt tatsächlich sichere, schnellere Radrouten und ÖPNV-Routen zu etablieren. Also es geht.
00:26:29: Selbstverständlich können wir nicht alles abreißen. Das wäre übrigens auch aus ökologischen
00:26:34: Gründen mich sinnvoll. Also nicht nur, wenn man sagt, es gefällt einem nicht oder möchte die
00:26:37: Stadt jetzt ganz anders haben, es ist auch völlig unökologisch alles abzureißen. Und es geht
00:26:44: ja auch nicht darum jetzt, ganze Schneisen in die Stadt zu ziehen, sondern die Wege, die wir haben,
00:26:49: möglichst effizient zu gestalten, zu gucken, wie man schafft, Ampelphasen so, dass der Radverkehr
00:26:55: schnell durchfahren kann, wie verknüpft man bestehende Radwege miteinander, wie erhöht man die
00:27:01: Taktung im ÖPNV und wie gesagt, wo macht man Angebote, wo setzt man Schule, wo setzt man
00:27:08: Kindergärten hin, damit sie alt für die Menschen auch gut erreichbar sind und das ist durchaus im
00:27:13: Bestand auch möglich. Welche Fokusthemen gilt es, ihre Ansicht nach zu beachten, wenn wir uns dem
00:27:19: Konzept der 15 Minuten Stadt nähern wollen, zum Beispiel aus stadtplanerischer Sicht?
00:27:24: Also ich glaube, kommunizieren mit den Menschen, die dort vor Ort leben, arbeiten, wohnen, was
00:27:32: auch immer, ist der ganz zentrale Punkt. Wir müssen, wenn wir Veränderungen so im Stadtbild
00:27:38: wahrnehmen, den Leuten auch mit den Menschen gemeinsam Ideen entwickeln und in unserer Arbeit
00:27:47: merken wir immer wieder, dass Menschen, wenn sie Gelegenheit haben, tatsächlich auch beteiligt
00:27:51: zu werden, sich einzubringen, mit sehr vielen konstruktiven Ideen auch dabei sind und auch
00:27:56: experimentierfreudig sind. Und das wäre für mich auf jeden Fall das A und O, wenn man anfängt,
00:28:02: solche Dinge zu tun, dass man die Menschen, die unmittelbar davon betroffen sind, auch mit
00:28:07: einbezieht. Ob es dann eben wie gerade gesagt die Einzelhändler*innen sind, die Bedenken haben oder
00:28:13: eben auch Handwerker*innen sind, die sagen, wo soll ich denn jetzt hier parken und so weiter. Also diese
00:28:19: Menschen, wie man so schön sagt, mitnehmen, einbeziehen ist das A und O dabei. Und das andere ist natürlich
00:28:25: auch experimentierfreudig sein. Also man muss ja nicht gleich alles komplett umbauen, sondern
00:28:32: auch mal gucken, was ist für unsere Stadt, was ist für diesen Stadtteil überhaupt möglich und
00:28:36: sagen wir, probieren mal drei Monate was aus, ob das funktioniert oder nicht und hinter evaluieren
00:28:41: wir es durchaus vielleicht auch einfachen Sinne, fragen die Leute, was hat gut funktioniert, was
00:28:46: hat nicht gut funktioniert, was müssen wir ändern, bevor man dann etwas fest installiert. Also diese
00:28:50: Dinge sind sicherlich irgendwie auch eine Möglichkeit, einen guten Schritt voranzukommen,
00:28:55: ohne dass man gleich alles ummodeln muss. Frau Siebom, zum Abschluss unseres Gesprächs möchte ich Ihnen
00:29:02: noch ein paar Fragen stellen, auf die ich Sie bitte ganz, ganz kurz in jeweils ein bis zwei
00:29:07: Sätzen nur zu antworten. Wann wird die 15 Minuten Stadt Realität sein? In Deutschland in den nächsten
00:29:15: 20 Jahren auf jeden Fall. Was sind die drei größten Herausforderungen? Kommunikation und
00:29:19: Transparenz, Experimentierfreudigkeit und langfristige Umsetzungswillen. Was sind die
00:29:26: nächsten Schritte? Die nächsten Schritte wären aus den bisherigen Erfahrungen aus den Städten
00:29:31: zu lernen, gucken was kann man übertragen und insbesondere auch an neuen Mobilitätskonzepten
00:29:38: zu arbeiten. Ob das wie vorhin schon gesagt Shuttle Services autonomes fahren, bietet sicherlich
00:29:44: Potenziale hier auch nochmal Wege auf eine andere Art und Weise kürzer zu machen. Welche gesellschaftlichen
00:29:50: Herausforderungen sind mit der 15 Minuten Stadt verbunden? Die Kommunikation hatte ich vorhin
00:29:55: schon erwähnt, Akzeptanz auch Experimente durchzuführen, sicherlich eine Herausforderung für die ein
00:30:01: und anderen und eben das langfristige Denken. Man kann eine 15 Minuten Stadt nicht innerhalb
00:30:07: einer Wahlperiode komplett umsetzen und man muss sich nachhaltig dafür einsetzen, dass dieses
00:30:11: Konzept Früchte trägt. Was wird durch die 15 Minuten Stadt für die Gesellschaft verbessert? Die
00:30:17: Reduktion der Mobilitätszeiten der Notwendigkeit unterwegs zu sein wird für Ältere, für Frauen,
00:30:24: für Kinder und Jugendliche, einen deutlichen Gewinn an Lebensqualität geben, genauso wie die
00:30:31: schlicht untergreifenden, schöneren, gesünderen Umgebungen, die wir dann haben. Frau Siebe,
00:30:35: ich danke Ihnen auch. Vielen Dank an die heutigen Gesprächspartnerin Miria Mathein vom
00:30:44: MFAN-Projekt City Planner und Doris Siebum von Urbanista. Für die spannenden Einblicke in
00:30:50: aktuelle Fragen der Stadtentwicklung und insbesondere das Konzept der 15 Minuten Stadt.
00:30:56: Vielen Dank fürs Einschatten an euch, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Ich würde mich sehr
00:31:01: freuen, wenn ihr auch bei der nächsten Folge wieder mit dabei seid, dann auch wieder mit meiner
00:31:06: Kollegin Johannad Rumann zusammen. Bis bald!
00:31:08: [Musik]
00:31:10: [Musik]
00:31:29: [MUSIK]
00:31:31: Das war's.
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